Die SPD-Mitglieder haben sich zu 2/3 für die Fortführung der großen Koalition entschieden! Was heißt das aber für unser Land und die Zukunft der SPD, die zur Bundestagswahl mit dem Anspruch einer Volkspartei angetreten ist?
Nachfolgend ein Kommentar des SPD-Ortsvorsitzenden Alexander Herkner:
Die SPD wird sich innerhalb der künftigen Regierung sehr viel klarer positionieren müssen in ihren Anliegen als in den vergangenen vier Jahren. Auch als Regierungspartei muss man den Mut finden gegen Vorhaben zu stimmen wenn man anderer Überzeugung ist. Die SPD muss in der Regierung auch oppositionelle Akzente setzen um die eigenen Überzeugungen nicht zu verwaschen oder ganz zu verlieren.
Die SPD darf z. B. nicht die Erhöhung des Kindergeldes als Erfolg feiern, wenn andererseits Alleinverdienende keinerlei Vorteil daraus erfahren wenn sie Hartz-IV-Empfänger sind. Die SPD darf Investitionen in den sozialen und bezahlbaren Wohnraum keinesfalls begrüßen, wenn dies nicht einmal ein Tropfen auf dem heißen Stein ist und die Netto-Verfügung von sozialem Wohnraum verringert wurde. Wie wird die SPD in einer weiteren großen Koalition reagieren, wenn das zu erwartende Platzen der Immobilienblase die Banken und die Immobilienbesitzer an den Rand des Abgrunds stößt? Wird sich die SPD dann mit dann aufzulegenden Hilfsfonds zu gleichen Teilen für die betroffenen Menschen einsetzen wie sie es erwartbar dann schon wieder für die Banken tut?
Ob ich persönlich als SPD-Mitglied mit der Entscheidung glücklich bin weil nun endlich Klarheit geschaffen ist und für die kommenden vier Jahre scheinbar eine Regierung gesichert ist?
Nein! Selbstverständlich muss das Ergebnis der innerhalb der SPD beispielhaft demokratisch ermittelten Grundsatzentscheidung akzeptiert werden. Doch niemand darf jetzt in den Irrtum verfallen, dass nun wieder alles in Ordnung ist. Die nächsten Wahlen finden 2021 statt und die Arbeit der alten und neuen großen Koalition und insbesondere die Positionierung der SPD innerhalb dieser Regierung wird entscheidend sein für den Wahlausgang 2021.
In besonderer Verantwortung steht jetzt die Basis der SPD, eine vielfach angekündigte Erneuerung der SPD kann nur von unten nach oben stattfinden. Und dazu gehören auch dringend erforderliche Korrekturen in der Agenda 2010, damalige Entscheidungen müssen geprüft, überdacht und in Konsequenz auch verändert werden.
Ich hätte mir gewünscht, dass die SPD die ihr in der letzten Wahl erteilte Lehre als solche auch wahrnimmt, die entsprechenden Konsequenzen zieht und die Oppositionsrolle nicht nur annimmt, sondern diese auch mit allem erforderlichen Leben erfüllt.
Ich bin davon überzeugt, dass die Menschen in Deutschland die erneute Auflage der GroKo kritisch beäugen werden.
Noch eine Nachricht an alle die SPD in den kommenden Jahren nun wieder gnadenlos kritisierenden FDP-ler und Grüne: Ihr hattet es in der Hand etwas neues zu gestalten, habt aber diese Gelegenheit nicht wahrgenommen. Und die nun auch für viele Sozialdemokraten keinesfalls begrüßte eingetretene Situation ist das Ergebnis Euren Scheiterns!
Und an den Bundesvorstand der SPD: Als Sozialdemokrat werde ich auch künftig von den eigenen Führungskräften eine sozialdemokratische Politik einfordern, ein "ihr habt zwar Recht, aber wir können nicht, weil wir an einen Koalitionsvertrag gebunden sind" werde ich nicht akzeptieren.
Alexander Herkner, SPD-Ortsvorsitzender